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Abschied von Günter Brus

Der österreichische Aktionskünstler Günter Brus ist letzten Samstag im Alter von 85 Jahren in Graz gestorben. Das Kunsthaus Zug erinnert sich seiner herausragenden Schaffenskraft.

DN: Wie entstand die Verbindung zu Günter Brus? MH: Am 6. November 2003 besuchte ich mit dem Künstler Peter Kogler und seiner Frau die Eröffnung der Brus-Retrospektive in der Wiener Albertina. Hinterher sassen wir zu viert mit seiner Frau Anna bis früh in den Morgen hinein in einer Bar und hatten es sehr lustig. Günter Brus fragte mich spontan, ob wir seine Ausstellung nicht nach Zug übernehmen wollten aufgrund des Wien-Bezugs in der Sammlung. Das war der Anfang einer Freundschaft mit dem Ehepaar Brus. Ich habe die beiden später mehrmals in Graz im Zusammenhang mit Folgeprojekten besucht, zuletzt für die Gerstl-Ausstellung 2022. Wir haben Werke von ihm für die Sammlung erworben.

DN: 2004 zeigte das Kunsthaus Zug die Ausstellung «Günter Brus – Werkumkreisung». Brus wurde zusammen mit Werken von anderen Kunstschaffenden präsentiert. Welche Positionen prägten die damalige Ausstellung? MH: Es handelte sich um die umfassende retrospektive Ausstellung, die zuerst in der Albertina gezeigt wurde. Für Zug haben die Kuratorin Monika Faber und ich sie ergänzt mit Werken aus der eigenen Sammlung. Günter Brus kam zur Eröffnung und war sichtlich erfreut zu sehen, dass sich seine Arbeiten neben den Klassikern Klimt, Gerstl, Schiele, Kokoschka sehr gut hielten. Wir haben in Zug getestet, was in Wien bis dann noch nicht geschehen war: Brus in die moderne Wiener Kunstgeschichte einzuordnen. Es ging uns also nicht darum, ihn als provokanten Aktionisten zu zeigen, das natürlich auch, sondern eben auch als Meister der Zeichnung. Das wird oft bei ihm übersehen. In der Ausstellung wurde das Augenmerk zudem auf seinen Umgang mit Bild und Sprache gelegt. Brus erfand Worte und Begriffe, spielt damit, auch humorvoll; zudem schrieb er lesenswerte literarische Bücher. Heute ist er international anerkannt und hat in Graz ein Museum, das «Bruseum».

DN: Welche künstlerische Eigenschaft hast du besonders an Günter Brus geschätzt? Was können Kunstschaffende von ihm lernen? MH: Seinen Mut, seine Ehrlichkeit, seine Sensibilität, seine Fantasie, seine Musikalität, seinen Strich. Für mich war er der bedeutendste Wiener Aktionist, der mit seinen schonungslosen Arbeiten weltweit Kunstschaffende inspirierte und bis heute inspiriert. 1971 hatte er damit aus mehreren Gründen aufgehört und eine 180-Grad-Wende zurück zur Zeichnung, Malerei und Sprache gewagt, wofür er lange kritisiert wurde. Ich bewundere diesen Mut. Man muss wissen, wann es genug ist und sich die Freiheit zur Neuorientierung nehmen.

DN: Günter Brus hinterliess zu seiner Ausstellung im Jahr 2004 unserem Kunsthaus Personal folgende Nachricht: Liebes Personal Bitte während der Brus-Ausstellung nicht streiken. Bitte während der Brus-Ausstellung keine Gehaltserhöhung fordern. Bitte während der Brus-Ausstellung nur Bernhardiner und keine Kinder einlassen. Bitte während der Brus-Ausstellung keine Verletzungen davontragen. Euer Günterli.

Welche Nachricht würdest du ihm gerne hinterlassen?

MH: Lieber Günter, wir erinnern uns sehr gerne an dich. Die Personaleinführung zu deiner Ausstellung im Kunsthaus Zug bleibt unvergesslich für die, die damals dabei sein durften. Wir begegneten einem äusserst liebenswerten, bescheidenen Menschen, der sich nicht schonte, um uns mit seiner ebenso abgründigen wie humorvollen Kunst weiterzubringen, der wusste, dass er es damit auch uns nicht leicht machte. Dein Brief an das Personal, der bis heute am Empfang hängt, zeugt davon. Am Tag der Einführung hatte eine Mitarbeiterin ihren 70. Geburtstag. Kurzerhand stand Günter in der Kunsthaus Bar auf einen Stuhl und trug ein liebenswertes, zuvor niedergeschriebenes Gedicht «Für Erna» vor, das er ihr schenkte! Lieber Günter, so viel wie mit dir und Anna habe ich in wenigen Tagen seither nie mehr lachen können. Ihr beide wart ein unschlagbares Lebenskunstteam und habt alles gegeben – danke. Schön, deine Kunst weiterhin bei uns zu haben.

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