Platino
Erstmals in der Schweiz zeigt Platino, 1948 in Stuttgart geboren und dort wohnhalt, im kunsthaus Zug sein bisheriges Schaffen (seit den 70er Jahren) in einer grossen Ausstellung. Verschiedene Einzelausstellungen (CNAC Villa Arson, Nizza, FRAC Auvergne, Clermont-Ferrand; Galerie Kubinski, Köln) und die Beteiligung an internationalen Gruppenausstellungen (Staatsgalerie Stuttgart; CNAC Magasin, Grenoble; Wiener Secession; Kunsthalle Baden-Baden) haben ihn zunehmend bekannt gemacht.
In der Auseinandersetzung u.a, mit Franz Erhard Walther entstanden in den 70er Jahren zunächst verschiedene "Set's", meist Gruppen monochrom eingefärbter, plastisch bearbeiteter und im jeweiligen Raum zu installierender Gegenstandsfragmente - sie sind in Zug erstmals ausgestellt -, daneben bestritt Platino verschiedene Performances. Sein eigentliches Werk bestand jedoch lange im "Red Space 1" (1979-1986), seit 1985 entsteht "(Red) Space 2": öffentlich zugängliche Arbeits-, Lebens- und Kunsträume, die Platino jeweils bewohnbar machen muss und die er zugleich mittels Bemalung und Beleuchtung künstlerisch bearbeitet und verändert. Dabei sucht er nicht nach Identität von Kunst und Leben, sondern strebt eine Wechselwirksamkeit beider an.
Im "Red Space 1" war die Farbe Rot dominant: in in der doppelten Bedeutung des Englischen sowohl roter Raum als auch Rot-Raum. "(Red) Space 2" ist offener, weist bisher nur partielle Bemalungen auf und hat natürliches Licht (der Ram gleicht teilweise noch einer Baustelle). Farbe und Licht verändern die kubische Konstitution beider Räume und machen aus ihnen eigentliche Wahrnehmungsräume. Sie sind als Experimentierorte auch so etwas wie Laboratorien.
Dieser "interne" Werkteil blieb bisher weitgehend unbekannt. Mit der ungewöhnlichen Arbeit umging Platino den Kunstbetrieb, entzog sich damit dem Einfluss der Kommerzialisierung und konnte dank der Unterstützung einiger Freunde dennoch tätig sein. Seit 1982 trat ein "externer" hinzu: Platino begann, zuerst in dokumentarischer Absicht, bald aber mit künstlerischem Anspruch, den "Space" ohne weitere technische Hilfsmittel zu photographieren und die Ergebnisse in starker Vergrösserung as Bilder auszustellen. Zahlreiche ältere und neue Arbeiten sind in Zug zu sehen.
Tiefes, intensives Rot prägt die fast monochromen Aufnahmen des ersten Raumes. dessen "Physiognomie" sich einem "schwimmend" - autonomen Farbstoff nur in Form minimaler Reflexe sinbildet. Abgebildetes Raumlicht und Eigenlicht der Farbe übertagern sich und sind irritierenderweise nicht mehr zu trennen. In den jüngeren Photographien richtet sich Platinos Objektiv weniger auf das Raumganze, sondern nimmt gleichsam zufällige, stark kontingente Ausschnitte, häufig in ungewohnt extremer Nahsicht, auf. Unzählige, wahllos herumliegende Alltagsdinge we Wäschetrockner, Spülbecken, Kleidungsstücke und allerlei Gerümpel gewinnen in seinen Bildern Intensität und Kraft und entfesseln mitunter geradezu ein wirbelndes Geschehen. Immer wider löst sich dabei die Farbe Rot von den Dingen, erreicht eigenwertige bildhafte Präsenz mit virtueller Räumlichkeit (oft geradezu monumentalen Ausmasses) und erinnert an die mediale Stofflichkeit der Farbe bei Rothko, an ihre energetische Ausstrahlung bei Newman oder an ihre sinnliche Fülle bei Matisse. Die von unserer standardisierten Alltagswahrnehmung erzeugten "Wirklichkeiten" lassen sich in Platinos Werken nicht mehr trennen, auch nicht die von Bild und Betrachter: aufgrund der Plexiglasabdeckungen spiegelt sich letzterer in ihnen. Abgebildeter "Space", autonomer Farbraum und Realraum des Betrachters wirken sich im einzelnen Werk gegenseitig aufeinander aus, destabilisieren sich und schaffen Freiraum für pulsierendes Geschehen jenseits aller Gewissheiten.
Diese Erfahrung potenziert sich, wen Platino seine Arbeiten im Ausstellungsraum frei installiert. Zufällig abgestellten Dingen ähnlich lehnt er die bis zu 240 cm hohen Werke an ein Treppengeländer, stellt sie in eine Ecke, auf eine Fensterbank oder legt sie ganz einfach auf den Boden. Das Miteinander der exzentrisch zum Raum platzierten Tafeln bewirkt eine Dynamisierung desselben; seine Verankerung löst sich dank aufkommender Realitätsüberblendungen gleichsam auf und wird ersetzt durch einen Dialog der verschiedenen Raumebenen. Bestimmt ursprünglich der "Space" die Photographien, so bestimmen diese in der freien Ausstellungsinstallation wiederum den Realraum. Die "interne" Arbeit am "Space" findet so in der "externen" am jeweiligen Ausstellungsort ihre Entsprechung.
Die Ausstellung wird grosszügig unterstützt von:
