Fritz Wotruba
Retrospektive
Ziel der Ausstellung ist es, das Oeuvre Wotrubas, das seit der Retrospektive in Florenz im Jahre 1976 nicht mehr umfassend gezeigt wurde, mit repräsentativen Arbeiten in seiner Ganzheit vorzustellen. Dabei soll das gängige Bild des Künstlers, das von seinen Skulpturen der 50er Jahre stammt, erweitert werden. Viel zu wenig bekannt sind sein Frühwerk seit dem Ende der 20er Jahre, das keinen geringeren als Maillol zu begeistern vermochte, und besonders sein Spätwerk, das am Ende der 60er Jahre ansetzt. Gerade in diesem letzten Zeitabschnitt schuf Wotruba mehrere Hauptwerke, die aus technischen Gründen in den letzten Jahrzehnten nur ganz selten zu sehen waren. Sie werden in der Ausstellung einen wichtigen Platz einnehmen. Insgesamt soll so die Kontinuität des Oeuvres dargestellt werden, zugleich aber auch sein weites künstlerisches Betätigungsfeld. Dazu gehören beispielsweise sein langjähriges Wirken als Bühnenbildgestalter, u.a für das Burgtheater Wien, oder die Planungsarbeit für die Kirche "Zur Heiligsten Dreifaltigkeit" am St. Georgenberg in Wien-Mauer, die häufig, und nicht zu Unrecht, mit Le Corbusiers Ronchamp verglichen wurde.
Die mangelhafte Rezeption Wotrubas in den letzten beiden Jahrzehnten hängt wohl unmittelbar auch mit der Eigenheit dieses Künstlers zusammen, der sich zu allen Strömungen seiner Zeit quer stellte und damit eine geschichtliche Einordnung wenn nicht verhindert so doch erschwert. Gerade dies scheint uns heute seine Bedeutung und Aktualität auszumachen. Werner Hofmann, einer der wichtigsten Interpreten Wotrubas, schreibt in seinem Essay unseres Ausstellungskataloges: "'Lange bevor die postmoderne Beliebigkeit die Szene eroberte, kam Wotruba zu einer Diagnose, die für ihn nur einen Ausweg zuliess: 'Das Merkmal dieser Zeit ist Unsicherheit, und darum verlangt man in dieser Welt ständig wechselnder Erscheinungen gerade von der Kunst bestimmtesten Umriss und klare Stellungnahme.' (1945) Dieses programmatische Wort ad se ipsum ist von Verzicht geprägt, und das ist das Merkmal, mit dem Wotruba, nach Wien zurückgekehrt, seine Bildwerke ausstatten wird. Er nimmt sich selber beim Wort und entscheidet sich gegen die Innovation und für die Stetigkeit, gegen den Wandel und für das Beharren. In diesem Entschluss steckt Obsession. Die daraus resultierende dreidimensionalen Gebilde objektivieren das Pathos der Ablehnung und steigern den Verzicht in aggressiven Stolz.
Die Ausstellung im Kunsthaus Zug umfasst rund 50 Skulpturen, Zeichnungen und Aquarelle aus allen Schaffensphasen de Künstlers, Modelle seiner Bühnenbildbauten und der Kirche am St. Georgenberg. Unter den Skulpturen befinden sich zahlreiche Steine aus allen Perioden, die man wen immer möglich den Bronzeabgüssen vorzog; sie sind für das Verständnis seiner Kunst wesentlich, war für Wotruba der Stein doch stets mehr als nur ein Material. Aus Oesterreich, der Schweiz, Deutschland, Dänemark und England sind private und öffentliche Leihgaben zugesagt.