×

Fantastisch - Schobinger

Die Sammlung - Schobinger zeigt Schobinger

Sep 15–Nov 13, 2005
@Kunsthaus Zug

Der Schmuck- und Objektkünstler Bernhard Schobinger aus Richterswil (geb. 1946) stellt als Gastkurator seinen Luzerner Grossonkel Karl Friedrich Schobinger (1879 – 1951) vor und zeigt eigene Arbeiten.

Warum präsentiert ein Künstler einen anderen Künstler? Bernhard Schobinger erinnert sich gerne an eindrückliche Atelierbesuche bei seinem eigenwilligen Grossonkel während seiner Kindheit. Aber vor allem fasziniert ihn dessen zeichnerisches Werk. Die Doppelausstellung soll keine historische Verbindung (etwa im Sinne einer künstlerischen Beeinflussung) aufzeigen, sondern einen Dialog zwischen den Werken in Gang setzen und – bei allen Unterschieden – Affinitäten sichtbar machen.

Bernhard Schobinger gehört zu den international bekanntesten Schmuckkünstlern und ist in vielen Museumssammlungen weltweit mit seinen Objekten vertreten. Besonders seit den 1980er Jahren zeichnen diese sich einerseits durch die Verwendung und Kombination unkonventioneller Materialien aus; grundsätzlich eignet sich alles für seine eigenwilligen Objekte, die jeder Material-Hierarchie widersprechen: Edelsteine, Gold, Email und Perlen ebenso wie Dosendeckel, Sicherheitsnadeln, Zweige, Knochen, Abfallholz oder Sägeblätter. Andererseits ist die prägnante inhaltliche Konzeption für seine „unbequemen“, ambivalenten Werke bezeichnend, die weit mehr als bloss „Schmuck“ sind, sondern Kunst. Sie erzählen von Schmerz, Gewalt, Vergänglichkeit, Tod, entfalten dabei aber zugleich ihre eigene Ästhetik. Die gängige Unterscheidung von „hoher“ und „angewandter“ Kunst trifft für Schobingers skulpturales Werk nicht zu. Die Verwendung seiner inhaltlich anspruchsvollen Artefakte setzt beim Eigentümer eine bestimmte Haltung, mitunter gar Mut voraus; es sind keine oberflächlichen Diener von Schönheit und Prestige.

Karl Friedrich Schobinger, rund zwei Generationen älter, verkörpert eine brüchige Künstlerpersönlichkeit (seiner Zeit). Er war zum einen ein talentierter offizieller Maler des Luzerner Bürgertums, der charaktervoll-pathetische Porträts, idyllische Landschaften und monumental-heroische Historienbilder schuf, die sehr an seine Lehrer Hans Thoma und Ferdinand Hodler erinnern, wie auch an Felix Vallotton. Im starken Gegensatz dazu stehen andererseits aber die zahlreichen kleinformatigen Federzeichnungen, die Schobinger nachts im Verborgenen anfertigte. Statt von bürgerlichen Idealen berichten sie von Zweifeln, Einsamkeit und Angst. Die ingeniösen, meisterhaften Blätter zeigen apokalyptische Traumwelten und reihen sich in die ganz andere Tradition ein von Bosch, Brueghel, Füssli und Kubin.

Besonders diese privaten Arbeiten sind heute aktuell, jedoch weitgehend unbekannt. Die Präsentation im Kunsthaus Zug soll zu einer Wiederentdeckung führen und ist als Hommage an den vergessenen Innerschweizer Künstler gedacht.

Gezeigt werden rund 200 Federzeichnungen Karl Friedrich Schobingers sowie sorgsam ausgewählte Schmuckarbeiten, Reliefs und Objekte von Bernhard Schobinger seit den 1980er Jahren, dabei auch ganz neue Arbeiten.

Erfreulicherweise übergibt die Peter Halter-Stiftung, Hochdorf, dem Kunsthaus Zug anlässlich der Ausstellung ein Konvolut von rund 100 Federzeichnungen Karl Friedrich Schobingers als Dauerleihgabe für die Sammlung.

Zeitgleich findet die zweite Sammlungspräsentation 2005 in den übrigen Räumen des Kunsthauses (Nordtrakt) statt: <Fantastisch – Die Sammlung>. Ausgehend von den Schweizer Surrealisten (Brignoni, Seligmann, Tschumi, von Moos, Wiemken u.a.) werden verschiedene Positionen seit den 1950er Jahren unter dem Hilfsbegriff <Fantastik> vorgestellt: Trudi Demut, Kurt Fahrner, Josef Herzog, Emanuel Jacob, Jacques Knecht, Friedrich Kuhn, Gottlieb Kurfiss, Ernst Maass, Bruno Murer, Hans Oprecht, Dieter Roth, Hans Schaerer, Philipp Schibig, Klaudia Schifferle, Martin Schwarz, Arnold Steffen, Lou Stengele, Annelies Strba, Ilse Weber, Eva Wipf, Adolf Wölfli, Muz Zeier u.a. Viele von ihnen waren Randfiguren und Aussenseiter der Gesellschaft, die sie in ihren schonungslosen Werken mit unbequemen Gegenwelten konfrontierten, und sind heute zu unrecht wenig bekannt. Das Kunsthaus Zug hat das Thema <Fantastik> gerade deshalb bereits in den 1980er Jahren zum Sammlungsschwerpunkt gemacht: Das Museum als Ort des Unbekannten, Wiederzuentdeckenden, des kulturellen Gedächtnisses.

Kuratiert von

Matthias Haldemann Bernhard Schobinger

Die Ausstellung wird grosszügig unterstützt von:

Credit Suisse